Wie würdet ihr reagieren, wenn euer Kind hoch begabt wäre? Fördert ihr es bis zur Unendlichkeit oder seid ihr der Meinung, dass eine normale Schule der richtige Weg wäre? Mit dieser Frage befasste sich der Regisseur Marc Webb und daher geht es in dieser Kritik um Begabt – Die Gleichung eines Lebens.
Originaltitel: Gifted
Regie: Marc Webb
Drehbuch: Tom Flynn
Produktion: Karen Lunder, Andy Cohen
Kamera: Stuart Dryburgh
Musik: Rob Simonsen
HANDLUNG
Erzählt wird die Geschichte von Frank Adler (Chris Evans), der in Florida mit seiner Nichte Mary (McKenna Grace) lebt. Seit dem Tod seiner Schwester kümmert er sich um sie und dass mit besten Gewissen. Was nicht so leicht ist, denn Mary ist hochbegabt. Frank versucht so gut es geht, ihr ein normales Leben zu ermöglichen. Dieser Versuch wird schnell auf eine harte Probe gestellt, als seine Mutter Evelyn (Lindsay Duncan) eines Tages auftaucht und ihn auffordert Mary in eine Begabtenschule zu geben. Doch Frank möchte das mit allen Mitteln verhindern und kämpft für das Wohl seiner Nicht. Hilfe bekommt er von seiner Vermieterin und guten Freundin Roberta (Octavia Spencer) und von Bonnie (Jenny Slate), der Lehrerin von Mary.
DREHBUCH UND STORY
Eine spannende Thematik, die sich die Drehbuchautoren ausgedacht haben. Regisseur Marc Webb (The Amazing Spider-Man) inszenierte einen unglaublich starken Film, der das Herz am rechten Fleck hat und bei dem die eine oder andere Träne fließt.
Der Film beginnt mit dem Alltag von Frank Adler, dem ersten Schultag von Mary und generell wie die Beiden zusammenleben. Schon nach den ersten Minuten baust du als Zuschauer eine Verbindung zu den Figuren auf und das ist das Maximum was einem Film passieren kann. Zudem passt die Harmonie zwischen all den Charakteren.
Nach und nach bekommt das Umfeld von Frank und Mary mit, dass das Mädchen hochbegabt ist und es beginnt ein Tauziehen um sie. Die Mutter von Frank taucht auf und will ihre Enkelin in eine spezielle Schule für Hochbegabte schicken. Frank will aber, dass sie normal aufwächst. Es entsteht ein Rechtstreit, der vor Gericht landet was eigentlich nicht sein darf.
Ich finde es sehr gelungen, wie der Film damit umgeht. Er befasst sich damit, ob es wirklich sein muss so eine Entscheidung in einem Gerichtssaal zu fallen. Und er stellt sich auch die Frage, ob so ein begabtes Mädchen normal aufwachsen soll/muss oder doch in eine Begabtenschule gehört. Immer mit einer sehr feinfühligen Inszenierung.
In der Mitte gab es vielleicht den einen oder anderen Durchhänger und die Hauptfigur Frank hätte durchaus noch etwas mehr emotionaler reagieren können. Dennoch war die Geschichte und wie sie dargestellt wurde sehr, sehr gelungen und das Ende war sehr schön gewählt. Hier flossen auch ein paar Tränen.
Die Dialoge sind auch sehr fein geschrieben. Vor allem zwischen Frank und Mary, die hin und wieder ihrem frechen Mundwerk freien Lauf lässt. Alle Gespräche und Handlungen der Figuren wirkten realistisch und so macht der Film bis auf die oben beschriebenen kleineren Probleme alles richtig.
DER CAST
- Chris Evans (The Return of the First Avenger: Civil War) als Frank Adler
Es war schwer vorstellbar, ihn abseits seiner Superheldenrolle zu sehen. Doch ich muss sagen, dass Chris Evans in der Rolle als Frank ausgezeichnet spielt. Ich nehme ihm diese innere Unsicherheit ab. Dass er zwar versucht für Mary wie ein Vater zu sein, aber teilweise mit ihren Ansichten und ihrer Begabtheit nicht immer zurechtkommt. Chris hätte seine Figure speziell im Mittelteil noch tiefgründiger spielen können, aber in Summe war das große Klasse.
- McKenna Grace (Mr. Church) als Mary
Die junge Darstellerin stiehlt allen die Show. Eine unglaubliche Leistung, die die 11-jährige Jungschauspielerin in diesem Film zeigt. Mary ist hochbegabt, mit einem frechen Mundwerk ausgestattet und in der normalen Schule langweilt sie sich. Sie harmoniert perfekt mit Chris Evans, sorgt nicht nur für Lacher im Kinosaal, sondern auch für schöne und emotionale Momente. McKenna Grace – diesen Namen sollten wir uns merken.
- Lindsay Duncan (Alice im Wunderland) als Evelyn
Lindsay Duncan verkörpert die Großmutter von Mary großartig. Eine etwas strengere Frau, die mit allen Mitteln versuchen will Mary nach Boston zu holen. Dort soll sie in eine Begabtenschule gehen. Da ihr Sohn Frank das nicht zulässt, kommt es zu einer Gerichtsverhandlung. Als Zuschauer kann ich sowohl verstehen, dass sie für Mary kämpft als auch negativ finden, weil sie sehr egoistisch denkt und nicht immer versucht das Wohl des Mädchens zu verstehen.
- Weitere Charaktere
Jenny Slate (House of Lies) verkörpert Bonnie, die Lehrerin von Mary, sehr ordentlich. Sie findet heraus, dass sie hochbegabt ist und hilft Frank bei der Gerichtsverhandlung. Allerdings hat sie auch ein Auge auf ihn geworfen.
Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer (Hidden Figures) spielt die Nachbarin und gute Freundin Roberta. Ihre Rolle ist nicht sehr tiefgründig, holt aber das Beste aus der Figur heraus und es ist immer eine Freude ihr zuzuschauen.
TECHNIK, KAMERA, SOUNDTRACK
Begabt legt großen Wert auf Schauspielkunst und somit beinhaltet er keine technischen Elemente. Die Sets wirken alle natürlich, der Film fällt hochwertig aus.
Die Kameraarbeit ist sehr ruhig. Gespräche werden von sehr nah und halb-nah gefilmt. Bei emotionalen Momenten hält sie länger drauf, um das Gefühl beim Zuschauer noch etwas zu verstärken. Das Szenenbild ist das Strandhaus von Frank, seine Lieblingsbar, die Schule von Mary und der Gerichtssaal.
Die Musik von Rob Simonsen (Nerve) ist sehr treibend und begleitend. Mit ruhigen und Melodischen Klängen verstärkt er emotionale Momente. Der Soundtrack ist gelungen.