Eine wahre Geschichte, die auf einem Buch der Journalistin Jeannette Walls aus dem Jahre 2005 basiert. Sie schrieb über ihre Kindheit. Regisseur Destin Daniel Cretton adaptierte die Geschichte für die Kinoleinwand und inszeniert das biografische Drama mit Starbesetzung. Wie gut dieses Drama geworden ist, erfährt ihr in dieser Kritik zu Schloss aus Glas.
Originaltitel: The Glass Castle
Regisseur: Destin Daniel Cretton
Drehbuch: Destin Daniel Cretton
Basierend auf den Roman von Jeanette Walls
Produktion: Gil Netter, Ken Kao, Tami Goldman und Mike Drake
Kamera: Brett Pawlak
Musik: Joel P. West
HANDLUNG
Erzählt wird die wahre Geschichte von Jeannette Walls (Brie Larson), die im Jahre 1989 durch Zufall den Kontakt zu ihren obdachlosen Eltern Rex (Woody Harrelson) und Rose Mary (Naomi Watts) wiederaufnimmt. Während sie krampfhaft versucht, so etwas wie eine Beziehung wiederaufzubauen, denkt sie zurück an ihre Kindheit. Ein Leben in ständiger Armut, kaum etwas Essbares im Haus und dauerhaftes umziehen. Aber sie erlebte auch tolle Abenteuer. Vor allem mit ihrem Vater, der ihr versprochen hat, dass sie eines Tages in einem Schloss aus Glas wohnen. Doch je älter sie wurde, umso vernünftiger wurde sie und der Alkoholkonsum des Vaters immer schlimmer. Eines Tages fasste sie den Entschluss, nach New York zu ziehen um Journalistin zu werden. Kann sie je die Taten ihres Vaters verzeihen?
DREHBUCH UND STORY
Der noch recht unbekannte Regisseur Destin Daniel Cretton inszenierte diese wahre Geschichte und schrieb auch das Drehbuch. Herausgekommen ist ein brillant gespieltes und starkes Drama, das zum Nachdenken anregt und kleinere Probleme hat.
Die Handlung beginnt im Jahr 1989, wir verfolgen die Hauptfigur Jeannette Walls, ihren Lebensstil und ihr Verhältnis zu ihrem Verlobten. Nach einigen Minuten trifft sie nach langer Zeit durch Zufall wieder auf ihre obdachlosen Eltern und nimmt den Kontakt wieder auf. In dieser Phase der Geschichte erinnert sie sich an ihre Kindheit zurück und die Handlung macht einen Sprung in die Vergangenheit. Somit bekommen die Kinobesucher einen Film auf zwei Zeitebenen präsentiert.
Die Zeitsprünge sind aber alles andere als hektisch und unverständlich. In der Vergangenheit nimmt sich die Geschichte viel Zeit die Charaktere einzuführen. Wir bekommen einen guten Eindruck von dem Leben der Familie, wie sie von Ort zu Ort fahren, kaum Geld für Essen haben und wie die vier Geschwister trotz der miesen Umstände zusammenhalten. Die Dialoge haben mir dabei sehr gut gefallen. Von fantasievollen Erklärungen bis hin zu Gesprächen zwischen einer hungernden Tochter und ihrem alkoholkranken Vater war alles dabei. Diese Dialoge sorgen für nachdenkliche Blicke, teilweise sogar blankes Entsetzen.
Immer wieder wird das Drama mit Elementen eines Road-Trips ergänzt, da die Familie regelmäßig die Orte verlässt sobald sie sich nur annähernd eingelebt haben. Trotz vieler emotionaler Momente war die Inszenierung an manchen Stellen zu brav, da hätte die emotionale Fallhöhe noch höher sein können. Zudem sind einige Figuren in der Gegenwart im Jahr 1989 zu einfach ausgefallen.
In Summe sind das Kleinigkeiten die den Film nur minder schlechtmachen, vor allem auch weil der Schluss äußerst gelungen ist und die Filmemacher im Abspann Originalfotos der Protagonisten gezeigt haben. Die Geschichte ist hervorragend geschrieben und toll inszeniert, auch mit den beiden Zeitebenen.
DER CAST
- Woody Harrelson (Planet der Affen: Survival) als Rex Walls
Es ist schwer, in Worte zu fassen wie stark Woody Harrelson seine Rolle spielt. Er steckt so viel Leidenschaft in seine Figur, zeigt alle Facetten seiner Schauspielkunst und sorgt für Glaubwürdigkeit. Egal ob sein Charakter betrunken ist, von besserem Leben träumt, seine Liebe zu seiner Tochter zeigt und versucht einfach ein toller Vater zu sein. Harrelson kann so ziemlich alles spielen und es ist immer wieder eine große Freude ihn auf der Leinwand zu sehen.
- Brie Larson (Raum) als Jeannette Walls
Neben einem Granaten-Schauspieler wie Harrelson brauchst du ein dementsprechendes Pendant und das ist Brie Larson. Sie verkörpert die Hauptfigur und beweist, dass ihr Oscargewinn gerechtfertigt ist. Zunächst erleben wir sie kühl und zurückhaltend gegenüber ihrer Familie, vor allem gegenüber ihrem Vater. Doch immer wieder beginnt sie zu grübeln ob sie nicht doch ihrem Vater verzeihen kann und soll. Stark gespielt von der zukünftigen Miss Marvel im Marvel Cinematic Universe.
- Ella Anderson (The Boss) als die 10-jährige Jeannette Walls
Die Jungschauspielerin möchte ich besonders hervorheben, weil sie in einer wichtigen Phase im Leben der Figur Jeannette Walls viel Screentime hat. In dieser Phase erlebt sie viele emotionale und glückliche Momente. Ihr Vater verspricht ihr ein Haus aus Glas zu bauen und große Abenteuer. Aber sie haben auch kaum Essen zu Hause und ihr Vater trinkt sehr viel. Dieses konfuse Gefühlschaos musst du erst einmal glaubwürdig auf die Leinwand bringen und das schafft die junge Ella Anderson großartig.
- Weitere Charaktere
Naomi Watts (Shut In) als Rose Mary Walls darf auch nicht vergessen werden. Die Mutter von Jeannette, eine Künstlerin, die alles nicht so eng sieht. Frau Watts fügt sich super ein und zeigt ebenfalls eine hervorragende Performance.
Max Greenfield (The Big Short) ist als David noch mit dabei. Der Verlobte von Jeannette Walls ist die einzige austauschbare Figur, keine Einführung und so wirklich viel zu tun hat er auch nicht.
TECHNIK, KAMERA, SOUNDTRACK
Keine digitalen Effekte bei einem biografischen Drama, dafür hochwertig gefilmte Szenen. Es gibt tolle Kamerafahrten, speziell die ländlichen Gebiete der USA werden immer wieder großartig eingefangen.
Das Szenenbild ist auf der einen Seite das hektische und glamouröse New York City und auf der anderen Seite die ländlichen, ärmeren Regionen über die gesamte USA verteilt. Diverse kleinere Städte, die verschiedenen Behausungen der Familie und Wüstenregionen können ebenfalls bestaunt werden.
Die Musik komponierte Joel P. West (Youth in Oregon) und ist eine Mischung aus emotionalen, nachdenklichen Rhythmen und Countrymusik. Hat mir sehr gut gefallen und untermalte perfekt die Stimmung des gesamten Filmes.